Amiga Collections: Auge 4000

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Text File | 1991-11-04 | 15KB | 388 lines

BIRKAISUEVA --------------- Der Tag verblich und die Nacht sank herab, als sich in den Anderlanden gar Seltsames begab. Eine Erscheinung, wie sie keiner je zuvor sah, kam gottgesandt auf die Insel Vasajairah, von der Euch zu künden mein Begehr, fällt die Wahl der Worte mir auch schwer. In einem nebelverhangenen Hain lag ein seerosensäumter See. Beschienen von diamantenem Mondenschein wirkte er wie aus dem Land von Faerie, auf Vasajairah der schönste See. Eines Abends in den warmen Zeiten gesellte sich zu der Tiere schillernd Gesang ein Geräusch aus nie gekannten Weiten, ein überirdischer Sphärenklang, der Göttin Birkaisueva Gesang. Sie war so schön und rein wie der Tau, weiß wie Elfenbein ihre Gestalt, ihre Haare schimmerten silbrigblau. Sie steht in dem Teich, von Wasser umwallt, sie zittert, ihre Haut ist eisigkalt. Langsam steigt sie aus dem Wasser empor, des Teiches Spiegel zerbricht. Die Luft ist erfüllt von fremden Odor, erhellt von einem strahlenden Licht - und doch liegt Trauer auf ihrem Gesicht. Beiseite biegen das Schilf ihre Hände, sie sinkt ermattet ins Gras. Das Wasser rinnt von ihren Lenden, sie sieht ihm zu, dem versiegenden Naß, und eine Träne auf ihrer Wange verblaßt. Wie Watte umgibt sie seliger Schlummer und die lange Nacht verstreicht. Vergessen sind Ängste und Leid und Kummer, sie schläft, die, der keine gleicht, sie, die für immer unerreicht. Am Morgen fanden zwei Kinder sie, haben behutsam sie geweckt. Dann fielen sie vor ihr auf die Knie, hielten ihr Gesicht bedeckt, ängstlich, daß sie dieses Wesen erschreckt. Birkaisueva strich ihnen über Haar und sprach: " Fürchtet Euch nicht! Ich bin die Göttin Birkaisueva, ich stieg hernieder aus dem Licht, zu erfüllen eine heilige Pflicht. Die auf Vasajairah leben, denen will ich Kunde bringen von dem, was selig ist und wert zu streben, von den hohen, gotterfreuten Dingen will ich ihnen sagen und singen. Nun möcht' ich bitten Euch zwei, mich zu den Menschen zu führen. Damit meiner Mission Erfüllung gegeben sei, damit die Menschen meine Stimme hören. Doch eilt! Ich kann den nahen Winter spüren. " Darauf die Kinder sie in die Mitte nahmen und gingen mit ihr durch Hain und Feld, bis daß zu ihrem Dorf sie kamen, wo sie dann überall erzählt von der Göttin, die dieses Eiland sich erwählt. Die Menschen, sie staunten nicht schlecht, und alle, die Frauen, die Alten, die Jungen ließen steh'n ihr Werk und eilten sich recht, zu lauschen dem Lied, das sie gesungen, zu schau'n ihre Lippen, die so schön geschwungen. Sie erzählte, wie böse die Welt doch sei, welch Unrecht und Pein es auf Erden doch gäbe, daß nichts kann hier in Frieden gedeih'n, daß nichts ohne ständige Angst kann leben, solange nach Macht und Geld die Menschen streben. " Höret mich an! ", so sprach die Gottheit, " Bedenket eine jede Tat, ein jedes Wort. Haltet ein Eure Sünden, noch ist es Zeit. Sehet das Zeichen des Himmels, dort! " - und in den Lüften ein goldener Schein, schon wieder fort. Darob staunten die Menschen und neigten das Haupt, fielen vor der Göttin auf die Knie, doch sie rief: " Erhebt Euch aus dem Staub! Euch unterwerfen will ich nie. " Mit diesen Worten, schien's, würd' aus dem Dreck sie die Furchtsamen zieh'n. " Freunde, ich bin müd und möcht' ein wen'g ruh'n und bitt' Euch um Speise und Trank, Ihr braucht Euch um mich nicht zu kümmern und zu tun, im Voraus sag' ich Euch meinen Dank. Und nun werket mit Freude, nicht durch meinen Zwang. " Die Menschen brachten ihr, wie sie erbeten, sie aß nur wenig und nippte am Wein, dann legte ins Gras, wo es flachgetreten, sie sich und schlief sofortens ein, beschienen vom wärmenden Sonnenschein. Unter den Menschen erhob Getuschel sich und Schwatzen, sie sagten, man müsse einen Tempel erbauen, ein jeder gab reichlich Kraft, Stein, Tuch und Batzen, bald war das Tal erfüllt von Hämmern und Hauen, aufgehört ward nur kurz, um nach der schlafenden Göttin zu schauen. Noch bevor Birkaisueva erwacht, stand glänzend und golden der Tempel da. Ein unbeschreibliches Werk ward schnell vollbracht. Der Tempel derart mit Pracht und Herrlichkeit angefüllt war, daß in den Anderlanden man noch nie einen Schöneren sah. Als der Göttin Schlummer schließlich beendet und sie besah die einmal'ge Tat, da hatte man Boten schon längst entsendet zu jedem Dorf und jeder Stadt, zu künden, was auf Vasajaiarah sich ereignet hat. Und die Menschen kamen von weit her hin zu der Insel gereist, zu beglaubigen die seltsame Mär von der Göttin, die so vieles verheißt und von dem Tempel, der in der Sonne gleißt. Wie die Monde nun in die Lande gingen, wurde die Insel weithin bekannt. Man sah die Göttin im Grase tanzen und springen, doch als der Herbst einbrach ins Land, da hüllte Birkaisueva sich in ein Trauergewand. Verklungen war ihr Gesang, gezählt schienen ihre Tage. Den Menschen um sie herum wurde bang, sie fingen an zu beten und zu klagen, doch die Göttin wollt' nicht den Grund ihres Unwohlseins sagen. Bald fieberte sie und wurde krank, alle heilende Kunst schien vergebens, und wenn sie erschöpft auf ihr Lager sank, bangten die Menschen Birkaisuevas Lebens, des höchsten Wertes all' ihres Strebens. Die Tage wurden kürzer, es schwand der Sonne Leuchten, länger und schwärzer wurde die Nacht. Den Menschen schien, daß böse Geister sie umfleuchten, dann brach der kalte Winter herein mit all' seiner Macht, er hat ein weißes Todesgewand mit sich gebracht. Birkaisueva auf ihrer Bettstatt lag, um sie herum die Besorgten standen, eine Stille, die ich nicht zu schildern vermag, wie sie nach Worten suchten, doch keine fanden, hilflos in den Stricken, die unsichtbar sie banden. Birkaisueva erhob sich aus den Kissen, die man gebracht zu ihrer Erleichterung, keiner ließ helfende Hände vermissen. Dann sprach sie sanft, mit großer Anstrengung, und ihre Worte versetzten alle in Verwunderung: " Höret, Freunde, noch ein letztes Mal mich an, lauschet dem, was ich Euch sagen will. " So, auf die Silbe, ihre Rede begann und wie ein Wasserfall strömten der Worte so viel aus ihrem Mund, ehe der Schatten über sie fiel. " Erinnert Euch des Tags, an dem ich kam, aus einem Teich, von zwei Kindern geführt. Die Freundlichkeit, mit der Ihr mich aufnahmt, die Wärme, die habe ich sofort gespürt, ich, das Kind, das nicht zu dieser Erde gehört. Ich sagte, ich seie eine Gottheit, doch bin ich wahrlich genauso wie Ihr. Ich lebte, doch war ich immmer zum Sterben bereit. Hunger und Durst und Angst kamen auch zu mir, wie zu einem jeden von Euch, und wie selbst zum kleinsten Tier. Ich sagte, meine Aufgabe wär, den rechten Weg Euch zu weisen, doch war mein wirkliches Begehr, durch die Lande zu streifen, zu reisen, zu tanzen und zu summen die alten Weisen. Ich wollte am Ufer kauern und den Wellen lauschen, wollt' mit den Fröschen auf die Fliegen lauern, wie die Fische durchs Wasser rauschen, und wollte doch mit keinem von ihnen tauschen. Ich wollte durch tiefe Wälder geh'n, untergegangen im Farnenkraut, wollt' nur noch Bäume um mich seh'n, mich ergötzen an jedem Waldeslaut, und dann fliehen, weil der dunkle Wald mich umdraut. Ich wollte sitzen im hohen Grase und schauen der Libelle Flug, Versteck spielen mit den Füchsen und Hasen, beobachten der Vögel lustigen Zug, und dann weglaufen, als wär es schon genug. Doch ich wußte, meine Tage waren gezählt, zu schnell ist die freudige Jugend verblüht. Kein Schritt und ein jeder doch waren verfehlt, ich hatt' mich zuwenig, zuviel bemüht, nun sitze ich da, das Feuer ist verglüht. Der Winter, der Tod und Erneuerung bringt, ist in die Lande gezogen, ein kaltes, doch schönes Lied er singt, bis unter dem Schnee die Bäume sich bogen, und die Vögel in den warmen Süden flogen. Der Winter ist von endloser Armut, ich mag ihn sehr, er ist mein Freund. Oft hat er gekühlt meines Lebens Glut, dann hab' ich in seinen Armen geträumt, nun kommt er, um mich heimzuholen, mein alter Freund. Ich werde für immer nun gehen, fort in ein fernes Land, hoch in den Wolken mögt Ihr mich sehen, oder in dem im Bach treibenden Sand, vielleicht auch in einer Blume in Eurer Hand. Ihr werdet mich niemals vergessen, seien die Zeiten auch noch so schwer, sei Euer Tag auch noch so knapp bemessen, Ihr vergeßt mich nimmermehr. Endlos und rastlos ist das Meer und von unergründlicher Tiefe. Lebt wohl, Ihr alle! Lebe wohl, Anderland! " Sie schloß die Augen, als ob sie schliefe, doch ihr Schlaf war ewig und vom Himmel gesandt. Ewig hat das Heilige Feuer gebrannt. Ein silbriger Mondenstreif fiel über Birkaisuevas Gesicht, auf den Bäumen glitzerte der Reif, die Schneefelder glänzten in diamantenem Licht, der Fluß war erstarrt unter einer eisigen Schicht. Die Menschen bestatteten sie nach alter Sitte, bahrten sie auf ein birkenes Floß. Schneeblumen nahmen die Göttin in die Mitte, eine weiße Seerose lag in ihrem Schoß, der Wintermond dies alles mit seinem Licht übergoß. Dann ließen das Floß sie treiben über den See und den Fluß hinunter, weined mußten sie am Ufer bleiben und das Floß schoß einen Wasserfall hinunter, noch weit in der Ferne sahen sie es, auf den Wellen tänzelnd munter. Das Ziel der Reise war das Nebelmeer, an dessen Ende die Wolken emporsteigen. Die Menschen wandten sich um. Nimmermehr durchbrach Lachen fortan ihr Schweigen, voll der Trauer war Tanz, Gesang und Reigen. Seitdem sind unzähl'ge Jahre ins Land gegangen. Tot sind die, die damals waren, ihre Stimmen verklangen, doch nicht das Lied, das sie in jener Zeit sangen ... (von der Insel Vasajairah ) ***************************************************************************** * C O P Y R I G H T * *---------------------------------------------------------------------------* * ALLE RECHTE DER GESCHICHTEN / GEDICHTE BLEIBEN BEI DEN AUTOREN. * * Jede Veröffentlichung und/oder Verwendung , auch Auszugsweise, bedarf * * der ausdrücklichen, schriftlichen Genehmigung der Autoren. Pauschal * * ist eine Verbreitung über Mailboxen und PD-Disketten (wobei der Dis- * * kettenpreis 4,--DM nicht überschreiten darf) gestattet . Der Text darf * * in keiner Form verändert werden. Ein Entfernen dieser Copyrightmit- * * teilung ist untersagt. 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